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Lysis

Der altgriechische Begriff λύσις bedeutet Lösung. In geglückter Supervision und in der Therapie werden Lösungen für den Klienten ermöglicht. Diese sind aber vom Klienten selbst erarbeitet und nicht von seinem Supervisor oder Therapeuten übergestülpt.

Escher LiberationSokrates nannte dies seine Hebammentechnik, da der Gesprächspartner im Dialog und durch beständiges Fragen aus eigener Kraft zu Problemlösungen und Antworten auf seine dringendsten Fragen kommen sollte. Aristoteles benennt in seiner Dramentheorie mit Lysis die Auflösung des Handlungsknotens: Der Verlauf der Handlung, die durch verschiedene Missstände zum Stillstand gekommen ist, verflüssigt sich und das Drama kann zu seinem naturgemäßen Ende und zur Lösung des Konfliktes kommen. Mit "Lösung“ als Namen meiner Praxis klingt aber selbstverständlich auch die Lösungsfokussierte Kurztherapie nach Steve de Shazer und Insoo Kim Berg an. Ihrer Meinung nach kann die Lösung eines Problems rasch und überraschend einfach durch den Klienten selbst erreicht werden, wenn man den Fokus seiner Aufmerksamkeit vom Problem wegbringt und auf "das, was funktioniert“, legt. Das zentral und radikal Neue am Lösungsfokussierten Ansatz ist das Bekenntnis zur Einfachheit (Simplicity): Um in komplexen Situationen und Systemen erfolgreich zu sein, ist es nicht immer hilfreich, sie modellieren und verstehen zu wollen - hilfreicher ist es oft, unvoreingenommen zu beobachten, was alles wie gewünscht funktioniert, um in kleinen Schritten mehr davon zu tun.

"Liberation“, eine Lithografie von Maurits Cornelis Escher von 1955, soll ebenfalls den Aspekt der Loslösung von Problemen und die gelungene Befreiung aus eigener Kraft symbolisieren: Abstrakte Figuren, die auf den Boden ausgerichtet sind, verwandeln sich durch eine Metamorphose zu realen Vögeln, die sich in die Luft erheben. Der Vogel benötigt ebenfalls keine fremde Kraft, um davonfliegen zu können, er trägt diese Kompetenz bereits von Anfang an in sich. 

© Mag. Dr. Christian Winkler